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Geschichtliche Entwicklung der Potsdamer Friedhöfe

In Potsdam fand die erste Besiedlung vor mehr als 1000 Jahren statt. Die historische Bedeutung der Stadt begann aber erst vor 350 Jahren, als die Hohenzollern Potsdam neben Berlin zur Residenzstadt ausbauten. Der älteste bekannte Friedhof war der Kirchhof und spätere Stadtfriedhof um den Vorgängerbau der Nikolaikirche am Alten Markt. Als im 30-jährigen Krieg in Potsdam die Pest wütete, richtete man 1639 vor dem Berliner Tor einen Pestfriedhof ein. 1721, mit Beginn der Bauarbeiten an der Katharinenkirche, späterer Standort der Nikolaikirche, wurden die Begräbnisse auf den ehemaligen Pestfriedhof verlegt. Dieser diente nun als Stadtfriedhof, war aber zu klein, so dass er schon nach 30 Jahren überfüllt war. Mit Kabinettsorder von 1752 bestimmte der König Friedrich II., dass auf dem Amtsacker vor dem Nauener Tor ein neuer Friedhof einzurichten sei. Bei der Auswahl der Fläche wurden die gleichen Fehler wie bei der Anlage des Friedhofs vor dem Berliner Tor wiederholt. Die Nutzfläche war wiederum bald zu klein und eine Erweiterung kaum möglich. Der hohe Grundwasserstand auf dem Friedhof und die damit verbundene langsame Verwesung der Leichen brachten enorme Geruchsbelästigungen mit sich. Die unmittelbare Nähe des Friedhofs zum Neuen Garten mit dem königlichen Wohnschloss veranlasste Friedrich Wilhelm II., diesen Friedhof sofort schließen zu lassen. Alle drei genannten Friedhöfe sind nicht mehr vorhanden. Der Stadtfriedhof musste dem Bau der Kirche weichen, die beiden anderen Friedhöfe wurden nach ihrer Stilllegung mit Maulbeerbäumen bepflanzt. Der Friedhof vor dem Nauener Tor diente nachfolgend dem großen Gärtner Peter Joseph Lenné zusätzlich als Baumschule und Versuchsgarten. Die vorgeschriebene monotone Bepflanzung von Maulbeerbäumen auf ungenutzten landwirtschaftlichen Flächen war seit über 100 Jahren von Amtswegen vorgeschrieben. Die Maulbeerbäume dienten zur Förderung des Seidenanbaus, der in Potsdam wegen der Seidenbauanstalt besonders eifrig betrieben wurde. Man kam jedoch mit der Produktion nie auf die entstandenen Kosten, die Qualität der Seide ließ ebenfalls zu wünschen übrig. Bei der Suche nach einem neuen Begräbnisplatz für die Stadt Potsdam orientierte sich der Geheimkämmerer Ritz auf die von allen königlichen Anlagen am weitesten entfernte Teltower Vorstadt. Hier wurde Ritz auf den fast 4 ha großen Garten und 3 ha großen angepachteten Amtsacker des Geheimen Königlichen Kabinettrates von Beyer aufmerksam, welcher zu Zeiten Friedrich Wilhelm I. als Exerzierplatz diente. Von der Zustimmung Beyers zum Verkauf seines Anwesens bis zur Einweihung des Friedhofs am 26. April 1796 vergingen lediglich 8 (!) Tage. Beyer erntete dafür großes Lob des Königs, welcher sich damals persönlich um die Angelegenheit kümmerte. Vorstellungen oder Planungen zur Gestaltung des Friedhofes sind nicht nachweisbar und bei der hohen Geschwindigkeit zwischen Entscheidung und Einweihung auch kaum denkbar gewesen. Im Vordergrund standen die Errichtung einer Umfriedungsmauer und die Verlegung der 133 Familienerbbegräbnissen vom Friedhof vor dem Nauener Tor in den neu eingerichteten Alten Friedhof. Der Bau der Friedhofsmauer zog sich über mehrere Jahre hin. Als vorübergehender Schutz diente ein Holzlattenzaun. Der 9,5 ha große Friedhof war nach 20 Jahren schon zur Hälfte belegt. In den Jahren von 1813 bis 1815, während der Freiheitskriege gegen Napoleon, sind über 2.000 Soldaten in Potsdamer Lazaretten verstorben. Deutsche, Österreicher, Russen und Schweden, die auf Grund ihrer erlittenen Verletzungen in den Schlachten von Großbeeren, Dennewitz und Leipzig ihr Leben lassen mussten, sind im Bereich des heutigen Mittelweges beigesetzt worden. Die Soldatengräber waren Anlass für das erste repräsentative Denkmal auf dem Alten Friedhof, welches am 19. Oktober 1815 feierlich eingeweiht wurde. Das Kriegerdenkmal, bestehend aus einem Sandsteinsockel, darauf platziert ein Kreuz, drei Adler mit Laubgewinde, die aus Eisenguss gearbeitet sind. Das Denkmal wurde nach entwürfen des Schlossbaumeisters Carl Krüger gebaut. Mit der Gestaltung der Umpflanzung des Denkmals wurde Peter Joseph Lenné 1841 betraut. Er ließ damals aus der Landesbaumschule 10 Trauereschen, 20 Lebensbäume und 20 Weymouthskiefern pflanzen. Die Pflanzung ist leider aus für uns nicht bekannten Gründen beseitigt worden. Eine wesentliche Rolle spielte in dieser Zeit die landwirtschaftliche Nutzung des Geländes in seinen nicht belegten Teilen, aber auch auf den Massengräbern der Befreiungskriege von 1813. So pachtete der Fabrikant Knochenhauer Flächen für den Zichorienanbau (Zichorie ist ein blaublühender Korbblütler, aus deren Wurzeln z. B. Kaffeezusatz hergestellt wird) auf dem Alten Friedhof. Knochenbauer musste aber auch die Auflage zur Anpflanzung von Maulbeerbäumen erfüllen. Nachdem die Verpachtungen aufgegeben wurde, erfolgte nur noch der Kartoffelanbau für das Armenhaus Potsdams. Das Bild des Friedhofs prägten nach wie vor Maulbeerbäume und Obstbäume, vor allem entlang der Wegeachsen. Die landwirtschaftliche Nutzung war auch teilweise Ursache für unangemessene Verhaltenweisen auf dem Friedhof. So berichteten 1811 die auf der Friedhofsfläche arbeitenden Totengräber, dass Kinder mit Steinen nach Maulbeerfrüchten warfen, um sie herunterzuschlagen und dabei umliegende Grabanlagen zerstörten. Insgesamt traf für die Situation auf dem Friedhof Folgendes zu, was Häberlin-Belani 1855 über diesen Begräbnisplatz schrieb: "Dieser bildete ein höchst unfreundliches, bewaldetes Terrain, dessen halbversunkene Totenhügel und verwitterten Monumente eher einer Wüste glichen als einem, das Herz mit milden Wehmut erfüllenden Friedhofe." Die Kurmärkische Regierung hatte sich schon zum Anfang des 19. Jahrhunderts der Gestaltung der Friedhöfe angenommen. Ein ausführliches Gutachten des Regierungsrates Cochius ging der Veröffentlichung "Über die Verschönerung der Dorfkirchhöfe und Begräbnisplätze" vom 14. Juni 1811 voraus. Diese Gestaltungsvorschläge wurden auch in Potsdam beherzigt. Die Grundstruktur auf dem Alten Friedhof sollten vier Felder bilden, die sich durch ein Wegekreuz ergeben. Grabhügel waren nicht erwünscht, bevorzugt wurde eine ebene Rasenfläche, von der man eine Verminderung von Ausdünstungen erwartete. Die äußere Begrenzung sollten Hängebirken bilden. Für weitere Bepflanzungen empfahl man "schön blühende und wohlriechende Sträucher". Im Übrigen galt der Grundsatz: "Das Einfache ist gewöhnlich das Schöne, und zugleich am wenigsten kostbar." Die Friedhöfe waren als Objekt der Landschaftsgärtnerei entdeckt worden. Um der jahrzehntelangen Praxis der konzeptlosen Beisetzungsdurchführung der damaligen Totengräber ein Ende zu bereiten und die Vorstellungen einer Friedhofsgestaltung durchzusetzen, hat der Magistrat der Stadt Potsdam ab 1847 die Stelle des Friedhofinspektors eingerichtet. Fortan wurden systematische Belegungen der Grabfelder, die Einhaltung der Ruhefristen auf dem Friedhof und die Führung eines Sterberegisters zum Nachweis der Beisetzungen zur Normalität. Die Friedhofskapelle konnte 1851 eingeweiht werden. Das klassizistische Gebäude entwarf Ferdinand von Arnim, das Giebelrelief schuf der Potsdamer Bildhauer Wilhelm Koch. Den Bau ermöglichte eine Stiftung des Kaufmanns August Friedrich Eisenhart, der testamentarisch 8.000 Taler für diesen Zweck bestimmte. Die Grabstätte der Familie Eisenhart befindet sich noch heute in unmittelbarer Nähe der Friedhofskapelle. Anfangs wurden in der Leichenhalle der Friedhofskapelle noch Vorkehrungen zur Rettung Scheintoter angebracht. Eine an der Leiche befestigte Schnur führte über Rollen zu einer im Wärterraum angebrachten Klingel, die auf etwaige Lebenszeichen des Toten in Bewegung gesetzt werden sollte. Diese Vorrichtung wurde bald überflüssig. 1855 hielt der Magistrat die Überwachung Scheintoter für nicht mehr notwendig, die Zuverlässigkeit der ärztlichen Totenscheine, ohne die eine Beerdigung nicht zugelassen war, machten derartige Vorrichtungen entbehrlich. 1865 erhielt der Friedhof einen besonderen Schmuck durch die Aufstellung mehrer Grabdenkmale von der inzwischen fast 70 Jahre geschlossenen Begräbnisstätte vor dem Nauener Tor. Dabei wurden unter anderem die Grabsteine des Hofkomponisten Friedrich II., Johann Joachim Quantz (1697-1773) und des Bildhauers Johann Peter Benkert (1709-1765) umgesetzt. Beide Grabmale stehen derzeitig nicht mehr auf dem Alten Friedhof. Der stark verwitterte Sandstein von Quantz wurde 1995 durch eine Kopie ersetzt, das Original steht in den Räumlichkeiten der Unteren Denkmalschutzbehörde der Stadt Potsdam. Der Stein von Johann Peter Benkert steht in den künstlerischen Werkstätten der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten. Die Gestaltung des Alten Friedhofs Potsdams muss um 1900 einen Höhepunkt erreicht haben, denn er wird auch in der Geschichtsliteratur positiv erwähnt. Hermann Frankfurth schrieb 1924 : Zitat: "Der Friedhof ist das, was er ist, durch seinen sorgfältig gepflegten alten Baumbestand in den stattlichen Längs- und Queralleen. Daß aber Blumen, Sträucher, Bäume, Baumgruppen, Alleen, daß immergrünen Gewächse mit den Laubbäumen so wunderbar zusammenstimmen, und dies alles wieder mit dem Baulichen, beruht nicht zuletzt auf der Tüchtigkeit der Potsdamer Gartenschule, nach deren Prinzipien. Die Bevölkerungszahl von Potsdam entwickelte sich damals rasant. Waren es 1801 - 18.000 Einwohner, so zählte man 1871 - 44.000, 1895 - 58.000 und 1925 - 67.000. Die Anlage eines weiteren Friedhofs für die ständig wachsende Bevölkerung machte sich notwendig. 1861 war der Kaufvertrag für eine 8 ha große Forstfläche auf der gegenüberliegenden Seite des Alten Friedhofs abgeschlossen. Unter erheblichem Aufwand an Planierungs- und Wegebauarbeiten entstand zwischen 1863 und 1866 der Neue Friedhof Potsdam. Der gegenüberliegende bis dato Neue Friedhof wurde fortan Alter Friedhof genannt. Der Neue Friedhof Potsdam wurde in seiner Geschichte zweimal erweitert. Der 1893 eingeweihte Teil ist nach Plänen des Friedhofsinspektors Rudolf Kierski in Ahnlehnung an die Idee eines Parkfriedhofs unregelmäßig gestaltet worden. Dabei wurden 6.560 Bäume und 6.000 Sträucher gepflanzt. Noch heute trennen die Reste der ersten Friedhofsmauer beide Teile voneinander. 1917 wurde nochmals ein Stück Wald von der Forstbehörde erworben. Ein Teil der Fläche wurde mit im 1. Weltkrieg gefallenen Soldaten als Ehrenfriedhof gestaltet. Im 2. Weltkrieg wurden die Anlagen erweitert. Das Bombenopferehrenfeld 1 und 2 wurde eingerichtet. Auf dem letzteren liegen überwiegend Verstorbene, die bei dem Bombenangriff auf Potsdam in der Nacht vom 14. April zum 15. April 1945 ihr Leben lassen mussten. Im Zuge der damaligen Eingemeindung umliegender Ortschaften nach Potsdam kamen in den dreißiger Jahren weitere Friedhöfe in die Verwaltung der Stadt. Dieses betraf zwischen 1935 und 1939 die Ortsteile Babelsberg, Drewitz, Bornim und Sacrow. Der 2. Weltkrieg brachte für den Alten und Neuen Friedhof fatale Zerstörung. In der Nacht zum 14. April 1945 haben englische Flieger die Stadt Potsdam zerbombt. Durch günstige Windverhältnisse wurden große Teile des Stadtzentrums von der Zerstörung verschont, aber der Neue und Alte Friedhof Potsdam hat große Schäden erleiden müssen. Dabei wurde der über Jahrzehnte gewachsene Baumbestand stark beeinträchtigt. Aufgrund fehlender Fachleute nach Kriegsende konnte der Baumbestand nicht fachgerecht hergerichtet werden. Teilweise unbegründete Fällungen wurden in den Nachfolgejahren durchgeführt. Noch heute zeigen sich bei baumpflegerischen Maßnahmen auf beiden Friedhöfen die Hinterlassenschaften des Krieges in Form von Granatsplittern im Holz der Bäume. In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts dominierte der Verfall der Grabanlagen auf dem Alten und Neuen Friedhof. Es bestand ein merkwürdiges Nebeneinander von totalem Verfall und gut gepflegten Grabstellen, die wie Inseln in dem von der Natur wieder zurückeroberten Friedhofsgelände lagen. So gab es Ende der 70er Jahren große Bestrebungen, wesentliche Teile des Alten Friedhofes zu verändern, Parkplätze anzulegen und den bestehenden Komplex mit Verwaltungsgebäuden zu erweitern. Demgegenüber stand der Denkmalschutz für die Gesamtanlage, die auf die Gestaltung durch Peter Joseph Lennè zurückgeführt wurde, entgegen. Trotz intensiver Recherchen im Archiv der Stadt Potsdam konnten keine Pläne oder sonstige Unterlagen über Lennés Schaffen gefunden werden. Die geplante Bebauung des Alten Friedhofs konnte nur durch folgende Idee verhindert werden. Die damalige SED-Bezirksleitung suchte für ihre verstorbenen Genossen Beisetzungsflächen. Ein Beschluss zur Umgestaltung des Alten Friedhofs mit einer langfristigen Nutzung als Ehrenfriedhof wurde am 24. Juni 1980 gefasst. Die Verantwortlichen der Friedhofsverwaltung waren mit der zukünftigen Nutzung nicht glücklich, der Fortbestand des Friedhofes war aber somit gesichert. Trotzdem wurden eingreifende Maßnahmen im Gehölzbestand und an den vorhandenen Grabanlagen vorgenommen. Die Linden-Allee im Wegekreuz des Friedhofs, wahrscheinlich nach Plänen von Peter Joseph Lenné angelegt, wurde dabei entfernt. Alte historische Grabmale und Grabstätten konnten teilweise gerettet und in die Neugestaltung einbezogen werden. Auf dem Neuen Friedhof Potsdam wurden ab 1990 tiefgreifende Maßnahmen durchgeführt. Der total verwachsene Friedhof wurde durch die Verwaltung nach den Gestaltungsgrundsätzen eines Parkfriedhofs rekonstruiert. Mit der Kreisgebietsreform kamen 1993 der Friedhof Eiche und 2003 die Friedhöfe Fahrland, Kartzow und Krampnitz in die Trägerschaft der Stadt Potsdam.